Der Drei-Insel-Törn

    1. Juli 2007

    In der Marina Neuhof bei Stralsund: Wir, d.h. Sabine und ich, gehen an Bord der Westerly 31 „Albatros“, die wir vom dortigen Hafenmeister gechartert haben. Das Schiff ist 9,50 x 2,80 m groß, sparsame 1,40 m tief und hat die von mir so geschätzte Pinnensteuerung. Und: Stehhöhe unter Deck – nach unseren vielen Törns auf einer doch recht engen Marieholm 26 wollten wir mal etwas mehr Platz haben.

    Das Schiff ist für seine 29 Jahre gut in Schuss, aber wohl auch eine ständige Baustelle. Wir müssen selbst für aktuelle Karten sorgen, die Funke kriegen wir die ganze Zeit über nicht richtig in Gang und die Starterbatterie erweist sich unterwegs als reichlich schwach auf der Brust. Außerdem bedaure ich die Fockkonstruktion: es ist eine ältere Rollfock, deren Mechanik kaputt gehen soll, wenn man sie bei viel Wind gerefft fährt.

    Wir haben uns einen Drei-Insel-Törn ausgedacht: Rügen – Bornholm – Møn. Dafür haben wir uns brutto 20 Tage Zeit genommen; also reichlich Reserve für Landgänge, Sightseeing, Schlechtwettertage im Hafen oder auch noch einen Schlenker nach Rostok (zu dem ist es dann aber nicht mehr gekommen).

    (Jetzt, wo ich’s aufschreibe, fällt mir auf, dass wir auch eigentlich nicht auf Rügen waren, sondern nur drum herum gesegelt sind…)

    Wir verbringen den ersten Tag und den Vormittag danach mit ausschlafen, Törnplanung und Warten auf das richtige Wetter für den Sprung nach Bornholm. Schließlich nutzen wir eine Lücke zwischen der gerade herrschenden Leichtwindwetterlage aus Ost und einer angesagten Phase mit Starkwind, die wir für den Nachtschlag vermeiden wollen. Ein eigentlich geplanter Zwischenstopp irgendwo auf Ostrügen entfällt. Wir starten um 12:30 Uhr bei SW 3-4 und wenig Wolken.

    Um Mitternacht stehen wir nördlich der Oderbank. Der Wind schläft zeitweise völlig ein, es ist bedeckt, nur mäßig warm und von achtern läuft eine alte Schwell, die den Baum ständig in die Schot schlagen lässt. Wir haben uns auf einen 2-Stunden Wachtakt geeinigt, sind aber so ausgeruht, dass wir kaum etwas dösen müssen. Eine Lehre, die ich mir merke! Zwischendurch fallen mal ein paar Tropfen, die aber nicht weiter stören. Lästiger ist, dass der Kompass – ein riesiger, kardanisch aufgehängter Metalleimer – nicht beleuchtet ist. Aber die völlige Dunkelheit dauert nicht lange; schon ab halb drei wird der Himmel grau, die Wolkendecke reißt etwas auf und es ist Vollmond. Um 11:45 Uhr laufen wir, immer noch einigermaßen frisch, in Neksø ein.

    Auf Bornholm holt uns dann das angekündigte hässliche Wetter ein; leider wird’s auch kühl. Wir besichtigen die Insel per Bus – alles sehr touristisch aufbereitet.

    Sehenswert ist die riesige, alte Burg Hammershus an der Nordspitze der Insel – aber unglaublich kalt und windig da oben! Im NW sehen wir Schweden.

    Nach ein paar Inseltagen reicht’s uns dann, und wir machen den 20sm-Hüpfer nach Christiansø – unserem bisher östlichsten Punkt.

    Die Erbseninseln – Christiansø, das mit einer Fußgängerbrücke angeschlossene Fredericksø und ein paar Inselchen und Riffe, auf denen nur Vögel leben – sind geradezu verboten malerisch! Einwohnerzahl: etwa 100.

    Wir klettern einen Tag lang auf den Felsen herum (endlich mal Sonne!), dann haben wir alles gesehen.

    Inzwischen ist Dienstag, und wir machen uns um halb zehn auf den Weg nach Schweden. Um sieben liegen wir in Skillinge direkt vor der Hafenkneipe. Unterwegs ist der Wind (W-SW) allmählich von 0 auf 5 aufgefrischt. Das Boot kommt mit der Welle gut klar; trotzdem empfinden wir den Schlag als anstrengend und sind reichlich erledigt. Sabine friert furchtbar. Wir machen klarschiff, holen noch den Wetterbericht auf’s Handy – und stellen dann fest, dass das Hafenrestaurant gerade zumacht!

    Die nächsten 2 Tage gucken wir uns die Umgebung etwas an und gehen einkaufen. Das Wetter schwankt im Stundentakt zwischen Regensturm und Sonne. Ein längerer Spaziergang führt uns zu einer weiteren Burg namens Glimmingehus. Wir sind sehr begeistert von der Lanschaft; grüne Hügel mit Meerblick. Hier machen die Schweden Urlaub.

    An Freitag, dem 13., erreichen wir die Wallander-Stadt Ystad und genießen die erste richtige Stadt seid zwei Wochen. Wir finden Abends endlich mal ein schönes Hafencafé zum essen gehen (Tapas).

    Am Samstag geht’s weiter nach Gislövs Läge; seid längerer Zeit mal wieder ein richtig schöner Segeltag.

    Plötzlicher Sommereinbruch! Mit einem Mal sind Ferien!

    Wir legen uns einen Tag lang an den Strand, baden und kaufen Steinbutt vom Fischer. Ich lasse mir beim kalten Bier vom Stegnachbarn (Berufskoch) zeigen, wie man den ausnimmt. Weitere Segler kommen dazu; Rezepte werden ausgetauscht. Sabine nennt unsere Smutversammlung im Logbuch „Männerrunde“! 😉

    (Zubereitung des Fischs: in viel Sherry mit Zwiebeln und Tomaten dünsten. Salz & Pfeffer. Ein kaltes Bier dazu trinken. Köstlich!)

    Vor der Strecke von Klintholm nach Schweden waren wir mit der Marieholm 26 immer etwas zurückgeschreckt, weil sie bei Gegenwind einen ungemütlichen Nachtschlag bedeutet. In entgegengesetzter Richtung – Kurs SW, Wind O4 – ist es eine Rauschefahrt.

    In Klintholm verliere ich die Hälfte meiner Angelhaken und Blinker bei dem Versuch das Abendessen zu fangen. Der Rest geht bei der Überfahrt am nächsten Tag und später in Stralsund verloren, ohne, dass ich einen Fisch auch nur sehe… Da gibt’s noch Verbesserungsbedarf!

    Am nächsten Abend erreichen wir Barhöft: nach dem freundlich-liberalen Skandinavien ein Kulturschock. Beim Einlaufen wollen wir ins Päckchen: Der Skipper des angepreiten Bootes unserer Größe verschwindet wortlos unter Deck…!

    Im Hafen wimmelt es von Verbotsschildern: Angeln, Baden, Betreten des Naturschutzgebietes… Betreten des EU-finanzierten Aussichtsturmes verboten ohne (natürlich zu bezahlenden) Führer… Ein kleines Naturkundemuseum ist nur geöffnet von 10-17 Uhr, also wenn alle Boote weg sind… Nach einer Stunde dieser Erlebnisse habe ich den Kaffee auf!

    Nicht mal das eigentlich sehr schöne und gut geführte Hafencafé ist vernünftig nutzbar; das ganze windgeschützte Hafen ist dermaßen von Mücken verseucht, dass man nicht gut draußen sitzen kann. So idyllisch gelegen es hier auch ist: NIE WIEDER BARHÖFT!

    Dann doch lieber weiter nach Stralsund, wo wir bei wenig Wind hinmotoren.

    In Stralsund lohnt sich nicht nur der Landgang durch die Stadt mit den vielen historischen Häusern, sondern auch der Aufenthalt in der modernen Marina. An diesem Wochenende ist der Hafen nämlich voller Schweden, die hier den Jahrestag der Belagerung im 30jährigen Krieg feiern. Auch in der Stadt ist Kirmes. Im Hafen liegt außerdem eine Freiluft-Opernbühne; die ist zwar nicht einsehbar, aber man hat den ganzen Abend lang Musik („Hoffmanns Erzählungen“).

    Außerdem sehenswert: die Gorch Fock I und das Deutsche Meeresmuseum, wo wir dem Fast-Namensvetter auf dem Bild begegnen (zum Glück in Formalin eingelegt; auf See möcht‘ ich den nicht treffen!).

    Insgesamt war es also ein schöner Törn, wenn auch das Wetter dieses Mal nicht recht mit gespielt hat.

    Jens